Felswände

Rockfaces

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Zwischen Alpen und Karpaten (die bereits bei Hainburg, also etwa 50 Kilometer von Wien entfernt, beginnen), am Rand des südlichen Wienerbeckens, liegt der Harzberg, der Hausberg Bad Vöslaus. Wer diese kaum 500 Meter hohe Erhebung über einen der vielen Pfade, die sich dort durch den Föhrenwald winden, emporsteigt, sieht allenthalben zwischen den Baumstämmen grau-beige Felsen leuchten. Sie bestehen zum Großteil aus Wettersteinkalk, der, wie der Name sagt, sonst nur im Wettersteingebirge, einem Gebirgszug der Nördlichen Kalkalpen (zwischen Ehrwald und Scharnitz im Süden und Garmisch-Partenkirchen im Norden) vorkommt. Teile dieses doch einige hundert Kilometer entfernt gelegenen Gebirges schieben sich also hier, südlich von Wien, durch den Waldboden und ragen wie kleine Inseln aus dem steilen Waldboden des sogenannten „Harzbergbruchs“. Ein Gutteil der Serie FELSWÄNDE ist hier entstanden (II), ein anderer (I) wenige Kilometer nördlich davon, dem östlich verlaufenden „Badener Bruch“ folgend, am sogenannten Felsenweg, der über den Kurpark Baden zu erreichen ist und, von einem Metallgeländer gesäumt, wenige hundert Meter bergan führt. Hier geht man entlang brüchiger Kalkfelsen, die aber meist, des beeindruckenden Blicks über Baden und in die Weite wegen, wenig beachtet werden. Teil III der Serie entstand im Karwendel, einem Gebirge, das östlich an das Wettersteingebirge angrenzt. Hier verläuft das Halltal, zur Gemeinde Absam gehörig, in nordwestlicher Richtung.

Zeigen Teil I und II der Serie Details, vermitteln Nähe und durch teils erahnbaren Pflanzenbewuchs beinahe Intimität, so steht in Teil III das Monumentale im Vordergrund. Es ist ein Blick aus der Distanz – die Formation ist nun endlich als Ganzes zu sehen und steht mit unnahbarer Wucht im Bild.

All diesen Erscheinungsformen von Felsen ist die vorliegende Fotoserie gewidmet – dem Verlauf ihrer Bruchlinien, den verschiedenen Ein- und Ausstülpungen, den Winkeln und Kanten, den glattgeschliffenen, den schroffen, den teils kargen, teils, wie erwähnt, pflanzenbewachsenen Flächen.

FELSWÄNDE ist Teil eines größeren Projekts, das sich allgemein mit dem Erkennen und Erfassen von uns umgebenden Strukturen und Formen beschäftigt. Wichtig ist mir zu betonen, dass sich diese Strukturen überall finden lassen, in der Stadt wie in der Natur, dass sie als Teil des Da-Seienden, des Hier-und-Jetzt-Vorhandenen, sich nicht darum scheren, menschgemacht, natürlich oder irgendetwas dazwischen zu sein. Die Felsen dieser Serie können von Menschenhand behauen oder von frierendem Wasser abgesprengt worden sein, es tut nichts zur Sache. Sie sind jetzt wie sie sind.

Genau diese Unterscheidung – Natur vs. Mensch – zu unterlassen scheint mir in meiner Arbeit auch die klarste Unterscheidung zur herkömmlichen „Naturfotografie“ zu sein, die in ihrer Aufgabe doch das Ausklammern, das Weglassen alles Nicht-Natürlichen sieht, und ihren Fokus ausschließlich auf eine Welt „ohne den Menschen“ richtet.

Wie immer dient meine Verfremdung, die Umkehrung von Licht und Schatten, von Farbe und Komplementärfarbe, dem Deutlichmachen des Vorgefundenen. Meine Bearbeitungen sollen nicht ablenken, sondern – im Gegenteil – Bestehendes hervorheben, Schönheit sichtbar machen.

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Between the Alps and the Carpathians, on the edge of the southern Vienna Basin, lies the Harzberg, Bad Vöslau's local mountain. If you climb this barely 500-metre-high elevation via one of the many paths that wind through the pine forest, you will see grey-beige rocks shining between the tree trunks. They are mostly made of Wetterstein limestone, which, as the name suggests, otherwise only occurs in the Wetterstein Gebirge, a mountain range of the Northern Limestone Alps (between Ehrwald and Scharnitz in the south and Garmisch-Partenkirchen in the north). Parts of this mountain range, which is several hundred kilometres away, are thus pushing their way through the forest floor here, south of Vienna, and protrude like small islands from the steep forest floor of the so-called "Harzbergbruch".

A good part of the series ROCKFACES was photographed here (II), the rest (I) a few kilometres to the north, on the so-called “Felsenweg” (“Rock Path”), which can be reached via the Kurpark Baden and leads uphill for a few hundred metres, lined by a metal railing. Here you walk along crumbling limestone rocks, which are mostly ignored because of the impressive view over Baden and into the distance. Part III of the series was created in the Karwendel, a mountain range that borders the Wetterstein mountains to the east. Here, the Halltal valley, which belongs to the municipality of Absam, runs in a north-westerly direction.

While Parts I and II of the series show details, convey closeness and almost intimacy through the partly recognisable plant growth, Part III focuses on the monumental. It is a view from a distance - the rock face can now finally be seen as a whole and stands in the picture with unapproachable force.

This series of photographs is dedicated to all appearances of rocks - to the course of their fracture lines, the various inverts and protuberances, the angles and edges, the smoothly polished, the craggy, the partly barren, partly plant-covered surfaces.

ROCKFACES is part of a larger project that generally deals with recognising and grasping the structures and forms that surround us. It is important for me to emphasise that these structures can be found everywhere, in the city as well as in nature, that as part of what-is-here-and-now, they do not care about being man-made, natural or anything in between. The rocks in this series may have been hewn by man or blasted off by freezing water, it doesn't matter. They are what they are now.

To refrain from making this distinction - nature vs. man - seems to distinguish my work from conventional nature photography, which sees in its task the omission of everything that is unnatural, focusing exclusively on a world "without man".

As always, my defamiliarization, the reversal of light and shadow, of colour and complementary colour, serves to make clear what I have found. My edits are not meant to distract, but - on the contrary - to emphasise what exists, to make beauty visible.