
Ault
Über das kleine Städtchen Ault an der französischen Atlantikküste schreibt Victor Hugo im Jahr 1837 in einem Brief an seine Frau Adèle: „Dieser Ort ist so schön, dass ich kaum meine Augen davon abwenden konnte.“ Tatsächlich liegt Ault, das sich entlang einer Schneise zwischen weitläufigen Wiesen und Feldern Richtung Meer hinab windet, an einer geografisch äußerst interessanten Stelle.

Der Tod des Dichters John Keats
Es heißt, der Dichter John Keats sei gestorben, weil er bei einer Kutschfahrt in eisigem Wetter, von London kommend, einen Platz im Freien eingenommen hat – um Geld zu sparen. Tatsächlich erreicht Keats sein Haus in Hampstead am 3. Februar 1820 geschwächt und fiebernd. Noch am selben Abend teilt er seinem Freund und Mitbewohner, dem Schriftsteller Charles Armitage Brown mit, dass er wohl sterben müsse.

Nature Reversed
Wenn man sich darauf einlässt, den Begriff „Natur“ weitest möglich zu denken, nämlich als das uns Umgebende (und nicht nur als das vom Menschen Unberührte, denn wo gäbe es dann noch Natur?), wenn man Natur also als alles Nicht-Mensch-Seiende definiert, werden sogleich zwei Tatsachen augenfällig: Einerseits die Absurdität des Begriffs selbst, der eine wesenhafte Abgrenzung suggerieren will, die es tatsächlich nicht gibt.

Mein Gauermann
In dem Haus, in dem ich aufgewachsen bin, gibt es ein unscheinbares, kleines Ölbild, das in einem schlichten Goldrahmen über dem Bücherregal im Wohnzimmer hängt. Von klein auf war es für mich bloß ein ins gewohnte Umfeld passendes Accessoire, es gehörte zwar dazu – genau wie der Couchtisch, die Sitzecke und die zwei alten Bauerntruhen – aber ich beachtete es kaum.

My Private Book of Stones
Jeder kennt das: Man geht ziellos dahin, lässt den Blick über den Boden gleiten, etwas fällt einem ins Auge – ein Stein. Man bückt sich nach ihm, bläst Sand und Staub ab, dreht und wendet ihn. Wirft ihn wieder weg, gedankenlos meist, oder lässt ihn, auch das oft eine unbewusste Entscheidung, in die Hosentasche gleiten, wo er gemeinsam mit den anderen, die dort bereits gelandet sind, im Rhythmus der Schritte klackert. Mehr ist es nicht.

My Private Book of Plants
MY PRIVATE BOOK OF PLANTS ist die dritte von vier fotografischen Serien, die in der Zeit der Corona-Lockdowns der Jahre 2020/21 entstanden sind.
Während die ersten beiden (LOCKDOWN SPRING NIGHTS, LOCKDOWN WINTER NIGHTS) die Welt der Dunkelheit - respektive die Kraft des Lichts in selbiger - erkundeten, fand die Umsetzung der vorliegenden Arbeit (wie auch MY PRIVATE BOOK OF STONES) von vornherein im Licht, im Hellen statt.

Lockdown Winter Nights
Inzwischen ist es Winter und wieder verharren wir im Lockdown. Meine nächtlichen Ausflüge sind längst zur Gewohnheit geworden, die Suche nach der Form im Dunkeln Routine. Mein Blick ist mittlerweile kritischer, schwieriger zu begeistern, vielleicht aber auch präziser – er muss es wohl auch sein, denn die winterliche Nacht ist weniger opulent, nicht so verführerisch, duftend, einladend, wie die Frühlingsnacht, die in LOCKDOWN SPRING NIGHTS beschworen wurde.

Lockdown Spring Nights
Als die Corona-Pandemie uns während des ersten Lockdowns dazu zwang, in den Häusern zu bleiben, änderte das nichts daran, dass es draußen wärmer wurde, zu sprießen, zu blühen und zu duften begann. Kurz, es wurde Frühling, und nach einem langen, kalten Winter verspürte ich, wie jedes Jahr, das unbändige Verlangen, nach draußen zu gehen, an die Luft, in die Sonne. Ins Licht.

Maya Immaculata
Das Porträt MAYA nimmt in der Fotoserie UN JARDIN PENDANT LA MOUSSON, die im Sommer 2019 in Zusammenarbeit mit dem Maler Christoph Philipp Haas in Bangkok entstand, eine Sonderstellung ein.

Carribean Nighthawk
Kuba war eines der ersten Länder, das die herkömmliche Glühlampe verbannte. Das Verbot ging so weit, dass von der Regierung beauftragte Männer in die Wohnungen der Kubaner eindrangen, alle noch vorhandenen Glühlampen aus den Fassungen schraubten, mit einem Baseballschläger in einem Eimer zerstampften und durch sogenannte Energiesparlampen ersetzten.

Badiraguato
Jüngst wurde der in Anspielung auf seine Körpergröße „El Chapo“ („der Kurze“) genannte, 61-jährige mexikanische Drogenboss Joaquin Guzman von einem New Yorker Gericht der „Beteiligung an einer Verbrecherorganisation“ und anderer Delikte für schuldig befunden. Durch den Aufsehen erregenden Prozess geriet auch der Name seiner Heimatprovinz weltweit in die Medien – Badiraguato.
Brief meiner Ururgroßmutter an ihr zukünftige Schwiegertochter
Hochgeehrtes Fräulein,
ich würde es kaum wagen an Sie schätzbarstes Fräulein zu schreiben, wenn nicht schon aus Ihrem theuern Bilde Ihre so edle Seele leuchtete. Überzeugt von Ihrer Hochherzigkeit, mit der Sie zum Beginn dieses neuen Jahres an das alte Mütterlein Ihres lieben Hans gedacht haben, hoffe ich, dass Sie diese schlechten Zeilen annehmen wollen.

Jesús Malverde - Der Heilige der Drogenhändler
In Mexiko ist im Schatten der einflussreichen Drogenkartelle während der vergangenen Jahrzehnte eine neue Kulturform entstanden. Sie findet in einem eigenen Kleidungs-, Architektur- und vor allem Musikstil – den Narcocorridos – Ausdruck und hat, von den kleinen Bergdörfern Mexikos ausgehend, längst die lateinamerikanische Bevölkerung der großen Städte Nordamerikas erobert.

Genuas außergewöhnliche Struktur
Wer sich dem Genueser Hafen, dem Porto Antico, wie die allermeisten Besucher (mit Ausnahme der wachsenden Zahl an Kreuzfahrttouristen) vom Zentrum der Stadt aus nähert, muss zuerst durch ein Gewirr enger, teils steil abfallender Gassen und Stiegen hinabsteigen, ehe sich, als würde man aus einem Labyrinth ins Freie treten, endlich der Blick in die Weite öffnet.

Joseph Haydns verschwundener Schädel
Der große Komponist Josef Haydn hatte ein bemerkenswertes, langes Leben. Geboren in eine einfache Familie im niederösterreichischen Rohrau, wurde er nach einer Ausbildung zum Chorsänger in Wien und einigen beschwerlichen Jahren als freier Musiker schließlich Musikdirektor des Grafen Morzin in Pilsen und später Kapellmeister der Esterházys in Eisenstadt.

Paul Watzlawicks nie geschriebenes Buch oder die Entdeckung des gegenwärtigen Augenblicks
Paul Watzlawick, Pop-Philosoph mit österreichischen Wurzeln, Autor so bekannter Bücher wie „Anleitung zum Unglücklichsein“ oder „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“ und Verfasser der sogenannten 5 Axiome, dessen Todestag sich im Jahr 2017, von der Öffentlichkeit wenig beachtet, zum zehnten mal jährte, war ein Mann voller Widersprüche.

Ein neuer Leichnam
Die Kinder sahen staunend zu Johann Spurzheim hoch, der, noch immer grün im Gesicht und Gott dankend, endlich seinen Fuß auf festen Boden setzen zu können, aus der Kutsche stieg. „Zeigen Sie ein wenig Würde, Johann!“, hatte Gall ihm noch wenige Minuten zuvor geraten, nun aber rannte sein Assistent an den Schaulustigen vorbei und übergab sich über eine niedrige Steinmauer. Gall wies den Kutscher an zu warten und sah sich um.

Der Exorzismus
Die Religionslehrerin in der Absamer Volksschule erzählte uns Kindern einmal, sie habe einen Mann beobachtet, der sich während der Heiligen Messe auffällig verhielt. Unruhig sei er gewesen, nicht still sitzen habe er können und schließlich sei er kurz vor der Wandlung eilig aus der Kirche verschwunden. Wenn jemand die Kirche frühzeitig, also vor dem Ende der Messefeier, verlassen würde, könnten wir uns sicher sein, dass derjenige besessen sei, vom Teufel besessen.

Todesdrohung
Der Mann hämmerte mit derartiger Vehemenz gegen die Türe, dass wir befürchteten, sie würde der Wucht seiner Schläge nicht lange standhalten. Mein Kollege und ich starrten einander panisch in die Augen. Was sollten wir tun?

Die Frau im Fenster
Wer wie ich in Tirol aufwächst, ist eingebunden in einen strikten Kalender, mit wiederkehrenden Festlichkeiten, Ritualen und (meist katholisch geprägten) Traditionen. Naturgemäß sind Kinder, die in ihrer Lebensgestaltung noch wenig frei sind, solchen Traditionen eher ausgeliefert als Erwachsene. Man verkleidet sich, wenn alle Fasching feiern; man isst am Karfreitag kein Fleisch, weil keines auf den Tisch kommt;